Wenn es ums Gendern in der professionellen Kommunikation geht, gibt es keine klare Linie. Das ist das Kernergebnis unseres aktuellen PR-Trendmonitor zu Gendersprache. Wir wollten wissen, wie konsequent Unternehmen gendersensible Sprache in ihrer externen und internen Kommunikation einsetzen. Und warum sie es tun – oder eben auch nicht.
Ein roter Faden in Sachen Gendersprache lässt sich in den Antworten unserer Umfrage unter PR-Fach- und Führungskräften nicht wirklich erkennen. Zwar verwendet mehr als die Hälfte der Kommunikationsprofis in der Unternehmenskommunikation gendergerechte Sprache, aber eben nur teilweise (52 Prozent). Lediglich ein gutes Viertel gendert durchgängig (28 Prozent). Im Gegensatz dazu gibt es 5 Prozent, die bisher gar nicht gendern, und 13 Prozent, die dies auch in Zukunft nicht planen. Und es gibt sogar ein paar wenige, die wieder zurückrudern und zukünftig nicht mehr gendern wollen (2 Prozent).
Ähnlich zwiegespalten fällt das Urteil über die Relevanz von Gendersprache aus. Knapp die Hälfte der Befragten hält Gendern für wichtig (sehr wichtig: 17 Prozent, eher wichtig: 32 Prozent). Auf der anderen Seite steht ein gutes Drittel, das auf Gendern verzichten würde (völlig unwichtig: 22 Prozent, eher unwichtig: 13 Prozent). Und dann gibt es noch die "Neutralen", denen es egal ist, ob gegendert wird oder nicht: Für gut jeden Siebten ist gendersensible Kommunikation weder wichtig noch unwichtig (15 Prozent).
Wenig überraschend zeigt sich bei dieser Frage ein deutlicher Gender-Gap: Sage und schreibe doppelt so viele Frauen wie Männer finden gendergerechte Sprache sehr bzw. eher wichtig (Frauen: 61 Prozent; Männer: 32 Prozent). Auch der Alters-Gap ist nicht überraschend. Je jünger die Befragten, desto wichtiger ist ihnen gendersensible Kommunikation: Während nur 40 Prozent der über 55-Jährigen Gendersprache eine (große) Bedeutung beimessen, sind es bei den unter 35-Jährigen knapp 70 Prozent. Hier spiegelt sich durchaus eine gesamtgesellschaftliche Kontroverse wider und wir können gespannt bleiben, wie sich die Sprache in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird.
Interessant sind die Aussagen zur Relevanz von und zum Umgang mit Gendersprache auch deshalb, weil laut Umfrage immerhin knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen und PR-Agenturen bereits Richtlinien zu gendersensibler Sprache aufgestellt haben. Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Stellenwert von Gendersensibilität zunimmt und von vielen Unternehmen als wichtiger Aspekt der Unternehmenskultur gesehen wird. Umso erstaunlicher, dass – wie eingangs bereits aufgeführt – die konsequente, durchgängige Umsetzung von gendergerechter Kommunikation nur bei gut einem Viertel (28 Prozent) erfolgt. Der große Rest macht es mal so, mal so – oder verzichtet komplett.
Auch zwischen den Branchen gibt es Unterschiede: Während in der Verwaltung sowie in Verbänden und Vereinen bereits 71 Prozent explizite Richtlinien eingeführt haben, gibt es diese im produzierenden Gewerbe nur bei 53 Prozent. Im Handel- und Dienstleistungssektor sind es 65 Prozent. Von den PR-Agenturen hat hingegen bisher nur knapp jede zweite (48 Prozent) Guidelines aufgesetzt .
Die Gründe für die Verwendung oder den Verzicht von Gendersprache lassen sich sowohl auf interne als auch auf externe Einflüsse zurückführen.
Diejenigen, die gendergerecht kommunizieren, begründen das an erster Stelle mit ihren Unternehmenswerten (46 Prozent). Als weiteren Grund führen sie an, dass Gendersprache maßgeschneiderter auf die verschiedensten Zielgruppen einzahlt (43 Prozent). Bei jedem dritten Befragten spielt die persönliche Überzeugung der Kommunikationsverantwortlichen eine entscheidende Rolle, ebenso wie die Erwartungshaltung der Gesellschaft (jeweils 35 Prozent). Auch für das Image und die Reputation des Unternehmens (33 Prozent) sowie für das Employer Branding (32 Prozent) sehen viele die Vorteile gendersensibler Sprache. Klare Richtlinien im Unternehmen und die Erwartungen der Mitarbeitenden (je 30 Prozent) sowie der Kundinnen und Kunden (23 Prozent) sind ebenfalls von Bedeutung. Die Überzeugung des Managements liegt mit 27 Prozent auch im unteren Drittel der Motive.
Doch was sind die Gründe gegen Gendersprache? Diejenigen, die darauf verzichten, nennen als Hauptgrund die schlechte Lesbarkeit der Texte (69 Prozent). Weitere Gründe sind die fehlende Überzeugung der Kommunikationsverantwortlichen selbst (45 Prozent) sowie des Managements (42 Prozent). Darüber hinaus verzichten Unternehmen auch deshalb auf Gendersprache, weil sie Vorbehalte seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (41 Prozent) und der Kundschaft (36 Prozent) befürchten. 16 Prozent vermeiden Gendersprache, weil es keine klaren Richtlinien im Unternehmen dazu gibt und 8 Prozent fehlt es schlicht an Zeit, sich angemessen mit dem Thema zu befassen.
Die Angst vor einem erhöhten internen Abstimmungsbedarf und zum Thema Gendern gescheiterte Testläufe führen hingegen seltener zum Verzicht auf Gendersprache (jeweils 5 Prozent). Noch seltener nennen die Befragten mangelnde Kenntnisse über gendersensible Sprache (3 Prozent) oder einen möglichen öffentlichen Shitstorm (2 Prozent) als Hindernis.
Fazit: Unsere Umfrage zeigt, dass Gendersprache in der Kommunikation mal so, mal so gehandhabt wird. Die Meinungen darüber, wie wichtig sie wirklich ist, gehen auseinander, was sich in der uneinheitlichen Umsetzung in der Unternehmenskommunikation widerspiegelt. Trotz vorhandener Richtlinien bleibt die Anwendung oft inkonsequent. Doch mit dem gesellschaftlichen Trend zu mehr Diversität und Inklusion ist es wahrscheinlich, dass gendergerechte Sprache in Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird. Es bleibt spannend, wie die professionelle Kommunikation diesen Wandel mitgestalten wird.
So gendert die PR-Branche
Im aktuellen PR-Trendmonitor 2024 hat news aktuell Kommunikatorinnen und Kommunikatoren zu ihrem konkreten Umgang mit gendergerechter Sprache befragt. Wie konsequent ist die Umsetzung und welche Gründe sprechen für oder gegen Gendersprache?
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