Ohne Bienen gäbe es kein Essen. Den fleißigen Insekten geht es aber gar nicht gut. Wildbiene + Partner will dem Bienensterben entgegenwirken. Das Schweizer Unternehmen bietet Wildbienen-Erlebnisse, einen Bestäubungsservice für Obstbauern und Beratung und Umsetzung für wildbienenfreundliche Gärten an. Anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai sprachen wir mit Anna Schmidhalter, die für die Kommunikation des Schweizer Unternehmens zuständig ist.
news aktuell: In zwei Tagen ist Weltbienentag. Warum sind Bienen so wichtig für uns Menschen? Und was macht Wildbienen so wertvoll für ein funktionierendes Ökosystem?
Schmidhalter: Stell dir vor, du möchtest dir zum Mittag eine Stärkung gönnen, aber dein Teller ist zu einem Drittel leer. Das ist nicht so abwegig, wie es klingt: Gut 30 Prozent unserer Nahrung kann nur gedeihen, wenn unsere Pflanzen bestäubt werden – vor allem von Bienen. Was gehen mich die Bienen an? Ich kann gut ohne sie leben, könntest du dir sagen. Ganz so einfach ist das nicht, denn ohne Insekten, allen voran Wildbienen und Honigbienen, fehlen auf deinem Teller viele leckere Nahrungsmittel. Denn neben der Honigbiene vollbringen in der Schweiz über 600 Wildbienenarten täglich Höchstleistungen in der Bestäubung unserer Nahrungsmittel. Mehr noch: Sie sorgen durch die Bestäubung von Wildpflanzen auch dafür, dass unsere Ökosysteme im Gleichgewicht bleibt.
news aktuell: Worin unterscheiden sich eigentlich Wildbienen und Honigbienen? Geht es den Honigbienen besser als den Wildbienen, oder umgekehrt? Brauchen beide Arten menschliche Unterstützung?
Schmidhalter: Wildbienen produzieren keinen Honig, fliegen nicht das ganze Jahr über, stechen nicht, sind effizienter im Bestäuben und leben solitär. Im Gegensatz zu Honigbienen, die sich in einem Volk mit bis zu 50.000 Individuen die Arbeit teilen, muss jede Mauerbiene sich selbst und ihre Nachkommen mit Nahrung versorgen.
Ein aktueller Beitrag vom SRF zeigt, wie es um die Wildbienen respektive die Honigbienen steht. Viele Wildbienenarten sind auf eine Blume spezialisiert, wenn diese Blume nicht mehr vorhanden ist, stirbt auch die Wildbienenart aus. Daher sind fast die Hälfte aller Wildbienen auf der Roten Liste.
Neben den Honigbienen tragen weltweit rund 20.000 Bienenarten zu einer sicheren Bestäubung bei. Diese Vielfalt gilt es zu erhalten.Klicken, um zu posten
news aktuell: Wildbiene + Partner ist 2013 in der Schweiz gegründet worden. Was ist eure Vision? Welche Produkte bzw. Services bietet ihr für wen an?
Schmidhalter: "A buzzing world for all" ist unsere Vision. Ohne Bienen gibt es nicht genug Lebensmittel. Deshalb wollen wir von Wildbiene + Partner zu einer summenden Welt beitragen und sicherstellen, dass unsere Nahrungspflanzen und Wildblumen von Wildbienen bestäubt werden. Neben den Honigbienen tragen weltweit rund 20.000 Bienenarten zu einer sicheren Bestäubung bei. Um diese Vielfalt zu erhalten, setzen wir auf eine umfassende Strategie für eine Zukunft mit Wildbienen: Durch nachhaltigen Einsatz von Mauerbienen in Obstanlagen, die Schaffung von Lebensraum für Wildbienen und Aufklärungsarbeit wollen wir aktiv zur Vermehrung der Wildbienen beitragen.
Unsere drei Geschäftsbereiche sind Pollinature (professionelle Bestäubungsmethode für Obstbauern), BeeParadise (Gestaltung von biodiversen Wildbienenhabitaten) und BeeHome. Letzteres ist der Start in die Wildbienenförderung. Mit dem Wildbienen-Häuschen BeeHome können Interessierte aktiv Wildbienen bei sich zu Hause vermehren und damit einen Beitrag für eine sichere und nachhaltige Bestäubung in der Schweiz leisten. Das BeeHome beinhaltet ca. 25 Mauerbienenkokons in Winterruhe. Die Mauerbiene ist eine der 600 einheimischen Wildbienenarten und der ideale Bestäuber im Obst- und Beerenanbau. Denn sie ist bereits bei tieferen Temperaturen sowie schlechteren Wetterverhältnissen aktiv und bestäubt viel effizienter als Honigbienen.
news aktuell: Wildbienen kann sich also jede und jeder halten?
Schmidhalter: Wildbienen sind für alle großen und kleinen Entdecker*innen zum Beobachten wunderbar geeignet und lassen sich ohne Aufwand und Gefahr auf dem Balkon oder im Garten vermehren. Das BeeHome eignet sich deshalb auch besonders gut als Geschenk für Familien und naturbewusste Personen in der Stadt und auf dem Land. Das Wildbienen-Häuschen kann auf dem Stadtbalkon, im Einfamilienhausquartier oder im Schrebergarten bedenkenlos aufgehängt werden, denn die emsigen Mauerbienen sind absolut harmlos, stechen nicht und interessieren sich nicht für Essen oder Süssgetränke. Jeweils im Frühling schlüpfen die Mauerbienen, bestäuben die Pflanzen in ihrer Umgebung und vermehren sich. Die im BeeHome vermehrten Kokons können uns dann im Herbst zur Wildbienen-Pflege für 25 Franken zugestellt werden. Sie werden von uns gepflegt, fachgerecht überwintert und im nächsten Frühjahr von Schweizer Bauern für die Bestäubung von Obst und Beeren eingesetzt. Es gibt nur eine Gefahr, wenn man das Wildbienen-Abenteuer startet: Die neuen Mitbewohner sind so faszinierend, dass sie schon beim ersten Anblick süchtig machen.
news aktuell: Wie habt ihr eure Kommunikation aufgestellt? Welche Kanäle und welche Formate nutzt ihr? Welche Themen funktionieren besonders gut?
Schmidhalter: Bei der Kommunikation setzen wir auf einen Mix. Die bestehenden und etwas älteren Kund*innen betreuen/erreichen wir monatlich (während der Hauptsaison manchmal etwas mehr) via Newsletter. Inhaltlich dreht es sich oft um das Produkt, wie es funktioniert und was für Sonderangebote es gibt. Wir vermitteln aber auch Wildbienen- und Wildblumenwissen oder Neuigkeiten zu unserem Unternehmen, indem wir auf unsere Webseite und den Blog verlinken. Bei der Webseite arbeiten wir außerdem oft mit Landingpages für Neukund*innen.
Bei Social Media ist es eine Mischung an Informationen für Kund*innen, oder aber diejenigen, die es werden wollen. Vermehrt setzen wir dort auch auf bewegtes Bild und Aufnahmen vom Team, die etwas erklären. Ansonsten sind natürlich die Wildbiene und die Wildblumen unsere Hauptakteure. Instagram und Facebook haben sich bewährt – auch für Werbung – neu versuchen wir uns auf TikTok. Mit Verlosungen oder Kooperationen mit anderen Unternehmen generieren wir mehr Reichweite. Nach mehreren Jahren mit guten PR-Agenturen setzen wir seit 2 Jahren auf Renteria, um die Journalist*innen mit eher klassischen Medienmitteilungen zu erreichen und aktuellen Themen zu Wildbienen, wie z.B. dem Weltbienentag.
news aktuell: Es gibt euch inzwischen seit fast zehn Jahren. Der Wildbienenbestand ist seitdem weiter zurückgegangen. Gibt es inzwischen ein gestiegenes Bewusstsein bei den Menschen in der Schweiz oder auch in Deutschland und tun sie mehr für den Erhalt der Wildbienen – sei es, dass Unternehmen Projekte mittragen, die Politik weniger Versiegelung und Zersiedlung und mehr Biodiversität in der Landwirtschaft fördert, oder die Menschen privat sich für mehr naturnahe Gärten entscheiden? Wie sind da eure Erfahrungen?
Schmidhalter: Mit den BeeHomes alleine ist es natürlich noch nicht getan, aber eine Sensibilisierung für das Thema hat bestimmt stattgefunden. Inzwischen haben wir über 172'000 BeeHome Besitzer*innen. Die meisten davon beschäftigen sich damit, was ihre neuen Mitbewohner denn alles benötigen, vom geeigneten Standort des BeeHomes bis zur richtigen Nahrung gehört da alles dazu. Und so dient das BeeHome sicher als Einstiegsticket in die Welt der Biodiversität.
Bei den BeeParadise sieht es anders aus, da wissen wir genau, unsere Wildbienenparadiese erhöhen die Biodiversität im Siedlungsraum maßgeblich. Dank unserer jahrelangen Studien wissen wir: Viele verschiedene und seltene Wildbienen, aber auch andere Insekten und Reptilien haben sich in unseren Habitaten angesiedelt und vermehrt. Das schönste und größte Projekt, das momentan läuft, ist, dass wir an allen eigenen Standorten der Zürcher Kantonalbank solche Wildbienenparadiese inklusive Informationstafeln umsetzen dürfen. So fördern wir gemeinsam die Biodiversität und unterstützen ein stabiles Ökosystem im Kanton Zürich.
news aktuell: Welche konkreten Tipps könnt ihr den Leserinnen und Lesern geben, die sich für Wildbienen und Bienen einsetzen möchten?
Schmidhalter: Jede und jeder kann mit ganz wenig schon viel bewirken. Egal ob auf dem Stadtbalkon oder im Garten auf dem Land. Wildbienen benötigen Nistmöglichkeiten und einheimische Blumen. Auf unserer Webseite geben wir jede Menge Tipps&Tricks, wie man ganz leicht Biodiversität fördern kann.
Interview: Beatrix Ta