Die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) stellt viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Denn ab 2025 gibt es einige Neuerungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu beachten. Doch was ändert sich konkret, was kommt wann auf wen zu? Genau das haben wir einmal beim TÜV-Verband e.V. nachgefragt, der bereits seit vielen Jahren Nachhaltigkeitsberichte prüft.
Die Zeit drängt: Ab 2025 müssen deutlich mehr Unternehmen als bisher detaillierte Nachhaltigkeitsberichte erstellen und auch prüfen lassen. Damit steigen die Anforderungen an europäische Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit stetig und werden zu einem wesentlichen Bestandteil unternehmerischer Verantwortung. Grund dafür ist eine neue EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung – die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD.
Doch dazu gleich mehr. Beginnen wir erstmal mit den Grundlagen: Was ist eigentlich ein Nachhaltigkeitsbericht und warum ist er so wichtig?
Generell lässt sich sagen, dass ein Nachhaltigkeitsbericht Stakeholder über das Nachhaltigkeitsengagement eines Unternehmens informiert und über die Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf Mensch und Umwelt aufklärt.
Juliane Petrich, Referentin Politik und Nachhaltigkeit beim TÜV-Verband, geht für uns nochmal mehr ins Detail: „Nachhaltigkeitsberichte ermöglichen es Unternehmen, ihre Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit gezielt und wirkungsvoll an verschiedene Interessensgruppen zu kommunizieren. Durch sie kann ein Unternehmen die Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit in regelmäßigen Abschnitten transparent machen. Die Berichtsinhalte decken die ESG-Themenfelder ab – Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Nachhaltigkeitsberichte dienen nicht nur dazu, das Vertrauen von Kund:innen und Verbraucher:innen zu stärken und neue gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern unterstützen auch die Entscheidungen von Investor:innen am Kapitalmarkt.”
Damit ist der Nachhaltigkeitsbericht ein wirkungsvolles Kommunikationsinstrument und als integraler Bestandteil der Unternehmenskommunikation zu sehen. Und zumindest für einige weitere Unternehmen wird dies nun auch auf EU-Ebene verpflichtend.
Dass Nachhaltigkeitskommunikation in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, ist gut und wichtig. Zum einen sind viele Unternehmen inzwischen gesetzlich dazu verpflichtet, zum anderen fordern wir als Gesellschaft und Öffentlichkeit zunehmend nachhaltiges Handeln und eine entsprechende Kommunikation darüber. So müssen bestimmte Unternehmen von öffentlichem Interesse bereits seit einigen Jahren EU-weit über ihre Nachhaltigkeit berichten. Geregelt ist dies in der Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die seit 2014 in Kraft ist. Diese Berichtspflicht wird nun mit der neuen Richtlinie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), die Anfang 2023 in Kraft getreten ist, noch einmal deutlich ausgeweitet.
Aber was sagt die CSRD im Detail? Juliane Petrich: „Die CSRD ist die neue EU-Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und ersetzt die bisherige Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Sie führt zu grundlegenden Änderungen in den Anforderungen an nicht-finanzielle Berichte, also Nachhaltigkeitsberichte. Ihr Ziel ist es, EU-weit einheitliche Standards zu schaffen und damit die Qualität, Konsistenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen zu erhöhen. Die CSRD verpflichtet Unternehmen, die Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns auf Mensch und Umwelt detailliert darzustellen. Beispiele für mögliche Berichtspunkte sind Ziele und Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, die Förderung einer Kreislaufwirtschaft und die soziale Verantwortung in der Lieferkette.”
Mit dieser Ausweitung der Berichtspflicht erhöht sich die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen erheblich. Schätzungen gehen EU-weit von rund 49.000 betroffenen Unternehmen aus.
Mit der neuen EU-Richtlinie sollen vor allem bestehende Lücken bei den Berichtsvorschriften geschlossen werden und die Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt ausgeweitet werden.
Im Detail klärt auch hier wieder Juliane Petrich, unsere Expertin vom TÜV-Verband, auf:
„Die CSRD verpflichtet Unternehmen dazu, über Nachhaltigkeitsziele und die entsprechenden Kennzahlen ausführlich zu berichten. Laut der neuen Berichtsstandards sollen Unternehmen für ihre Berichte bis zu 1.144 quantitative und qualitative Datenpunkte standardisiert erheben. Die Berichtsinhalte müssen künftig die doppelte Wesentlichkeit, also zwei Perspektiven, berücksichtigen. Es geht um Auswirkungen von außen auf das Unternehmen – wie negative finanzielle Konsequenzen des Klimawandels oder des Biodiversitätsverlusts – sowie um Auswirkungen der Aktivitäten des Unternehmens auf Klima, Umwelt und Gesellschaft. Um den Zugang zu Nachhaltigkeitsinformationen zu erleichtern, sind diese künftig verpflichtender Teil des Lageberichts. Für die Offenlegung ist ein einheitliches elektronisches Berichtsformat vorgeschrieben. Eine weitere wichtige Änderung: Alle Nachhaltigkeitsberichte müssen von unabhängigen Dritten auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft werden.”
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt einen zusammenfassenden Überblick über die wichtigsten Neuerungen, die die CSRD mit sich bringt:
Erweiterte, vereinheitlichte Berichtspflicht: Unternehmen müssen künftig umfassender und nach einheitlicheren Maßstäben berichten.
Neues Verständnis von Wesentlichkeit: Unternehmen sind nun verpflichtet sowohl über die Auswirkungen des eigenen Geschäftsbetriebs als auch über die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen zu berichten.
Externe Prüfung: Der Nachhaltigkeitsbericht muss ab 2025 extern geprüft werden – wie auch die Finanzberichterstattung.
Teil des Lageberichts: Nachhaltigkeitsinformationen werden zum verpflichtenden Teil des Lageberichts und bekommen so einen höheren Stellenwert.
Einheitliches elektronisches Berichtsformat: Seit 2020 müssen bestimmte Unternehmen ihre Rechnungsunterlagen im ESEF-Format offenlegen. Diese Anforderung wird im Rahmen der CSRD auch auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung ausgeweitet.
Diese Berichtspflichten gelten für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen, zunächst für einen begrenzten Kreis von Unternehmen, der dann sukzessive erweitert wird.
Wenn es um die vorgeschriebene Prüfung der Berichte geht, erhofft sich der TÜV-Verband aber nochmal eine Überarbeitung des vorliegenden Gesetzesentwurfs in Deutschland. Denn, obwohl die EU vorgesehen hat, dass neben Abschluss- und Wirtschaftsprüfern auch andere unabhängige Prüfer für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte zugelassen werden, verzichtet Deutschland bei der nationalen Umsetzung der EU-Richtlinie auf diese Möglichkeit. Das geht aus dem aktuellen Referentenentwurf hervor. Was laut TÜV dazu führt, dass Prüfungskapazitäten künstlich verknappt werden, bereits vorhandenes Know-how ungenutzt bleibt und auch die Kosten in die Höhe getrieben werden. Juliane Petrich dazu: „Der vorliegende Gesetzentwurf muss dringend überarbeitet werden, um die Umsetzung der CSRD so unternehmensfreundlich wie möglich zu gestalten. Zentraler Faktor dafür ist ein breites Angebot an Dienstleistern für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte.”
Wie schon erwähnt, erweitert sich durch die Corporate Sustainability Reporting Directive die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf deutlich mehr Unternehmen als zuvor. So müssen neben den bisherigen großen Unternehmen nun zukünftig auch kleine und mittelgroße Betriebe einen Bericht erstellen – insofern sie kapitalmarktorientiert sind.
Juliane Petrich gibt einen Überblick über den Zeitplan im Detail:
Ist auch Ihr Unternehmen von diesen Kriterien betroffen, sollten Sie spätestens jetzt handeln.
Prinzipiell unterscheidet man zwischen einem freiwilligen und einem verpflichtenden Nachhaltigkeitsbericht. Wobei die Erstellung eines freiwilligen Nachhaltigkeitsberichts in der Regel weniger umfangreich ist und laut TÜV „Unternehmen größere Spielräume bei der Berichterstattung lässt”. Die neuen Anforderungen dagegen sind deutlich aufwendiger und gerade Unternehmen, die sich noch nie mit einem Bericht auseinandergesetzt haben und auch insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen stellt das vor Herausforderungen. Unsere Expertin rät: „Insofern sollten sich KMU – vor allem diejenigen, die unter die CSRD fallen – frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen.” Dass hier eindeutig noch Luft nach oben ist, zeigt eine Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands wonach sich 57 Prozent der mittelständischen Unternehmen immer noch nicht mit den Anforderungen der neuen EU-Richtlinie auseinandergesetzt haben.
Juliane Petrich rät aber auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die in Zukunft nicht betroffen sein werden, sich trotzdem noch einmal intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Denn, so die Expertin „auch Geschäftspartner:innen, Verbraucher:innen und Investor:innen achten verstärkt auf Nachhaltigkeit.” Zudem bringt auch die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten auf freiwilliger Basis laut TÜV zahlreiche Vorteile mit sich: „Laut unserer Umfrage nennen 75 Prozent der befragten Unternehmen eine Steigerung der Energieeffizienz, 66 Prozent die Reduzierung von Materialverbräuchen und 65 Prozent eine Verringerung von Abfall. Aber auch ‘weiche Faktoren’ spielen eine wichtige Rolle: Die Verbesserung des Images (88 Prozent), eine bessere Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie (86 Prozent) oder die Erfüllung gesetzlicher Vorschriften (82 Prozent). Weitere Vorteile sind eine bessere Kundenbindung (64 Prozent) und eine höhere Arbeitgeberattraktivität (59 Prozent). Die Unternehmen sehen darüber hinaus positive Effekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung für die Wirtschaft insgesamt. 87 Prozent sagen, dass einheitliche Standards eine bessere Vergleichbarkeit der Berichte ermöglichen. 84 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die Berichte den Bewusstseinswandel in Richtung nachhaltiges Wirtschaften fördern.”
Auch wenn die CSRD viele Herausforderungen mit sich bringt, ist sie auch eine Chance für jedes Unternehmen, seine Nachhaltigkeitsstrategie zu optimieren und transparent zu kommunizieren. Und um es mit den einleitenden Worten zu sagen: Die Zeit drängt. Beginnen Sie also jetzt, sich rechtzeitig zu informieren und erste Vorbereitungen zu treffen, um den Übergang reibungslos zu gestalten.