Wer Data Analytics in die Kommunikationsabteilung einführt, braucht Feingefühl und wird an der einen oder anderen Stelle Überzeugungsarbeit leisten müssen. Denn bei datengetriebener Kommunikation geht es nicht nur um Zahlen, sondern auch um Empathie. Welche Stolpersteine es bei der Transformation aus dem Weg zu räumen gilt, erklärt Timo Radzik, "Project Owner Analytics Unlocked" bei Siemens. Von Timo Radzik
Ein Kommunikationsteam von Data Analytics-Technologien zu überzeugen bedarf vor allem eins: Empathie. Denn die tollsten Daten und modernsten Tools bringen nichts, wenn die Kommunikator*innen abgeschreckt sind und die Integration in den Arbeitsalltag nicht stattfindet.
Zwei Stolpersteine sind mir bisher in den Weg gekommen, wenn ich speziell Dashboards und datengetriebene Kommunikation allgemein vermarktet habe.
Daten wurden in vielen Unternehmen oft schon ausreichend generiert. Hinter kaum einer Website werkeln nicht bereits Google oder Adobe Analytics. Und selbst in Pressemeldungen findet man immer häufiger Tracking Codes. Deswegen platzten meine ersten Dashboards aus allen Nähten. "Wenn die Daten verfügbar sind, will ich sie auch anzeigen", das war meine Vorgehensweise.
Doch niemand wusste so recht etwas mit dem Datenchaos anzufangen. Schlimmer noch: Manche Kollegin und mancher Kollege fühlte sich von mir sogar auf die Füße getreten. Denn theoretisch hatte nun jede bzw. jeder vollen Einblick in individuellen Output und Performance.
Für eine strategische Vorgehensweise empfiehlt es sich deshalb, zuerst eine klare Zielgruppe und ihren konkreten Anwendungsfall zu identifizieren. Anschließend setzt man diesen einen Bereich mit einer maßgeschneiderten Lösung auf. Im Anschluss erweitert man dann Schritt für Schritt sein Angebot, also im Falle eines Dashboards, die angezeigten Daten.
Um Zielgruppe und Anwendungsfall zu identifizieren, habe ich üblicherweise Kaffee-Termine mit den Kolleg*innen vereinbart. Um ihre persönliche Sicht, Bedürfnisse und auch Sorgen kennenzulernen. Das half mir nebenbei noch, Vertrauen in die Daten aufzubauen und die Skepsis gegenüber mir als "Eindringling" abzubauen. In der großen Runde ist mir eher Widerstand begegnet.
Nichts ist so effektiv wie Empfehlungsmarketing. Deswegen sind Influencer*innen so erfolgreich. Und deswegen hat sich meine Mutter einen Smart Speaker angeschafft. Nicht, weil ich beim Abendessen angepriesen habe, dass man mit der eigenen Stimme die Lampen im Haus kontrollieren könnte. Sondern, weil sie bei einer guten Freundin sah, wie diese mit "Spiel die Hits der 80er" die Musik starten konnte, ohne einen speziellen Song auswählen zu müssen.
Ein Smart Speaker war für meine Mutter anfangs ein Fremdkörper, genauso wie es Dashboards für manche Kommunikator*innen sind. Sie sah für sich keinen Anwendungsfall. Und genau wie sich meine Mutter eher von einer Freundin überzeugen lässt, ist es wirksamer für die Transformation, wenn Data Analytics nicht von Analysten praktiziert wird, sondern von den Kommunikator*innen selbst.
Es ist eben einfacher, das gesamte Team mitzunehmen, wenn es selbst den Sinn und Zweck hinter Data Analytics versteht und selbst dazu befähigt wird, ihn für sich zu definieren und in die Tat umzusetzen. Dann ändern sich Arbeitsabläufe nicht „von außen“ aufgesetzt, sondern von innen heraus. Statt beispielsweise eine eigene Analytics-Community im sozialen Netzwerk des Unternehmens zu gründen, habe ich Analysen direkt in der Kommunikations-Community veröffentlicht.
Es gab kein Analytics-Meeting, sondern Analytics wurde Teil der Meetings des Kommunikationsteams. Das stärkte das Vertrauen in meine Dashboards und regte zum Nachmachen an. Bereits Analytics-affine Kommunikator*innen sind so zu Multiplikatoren geworden, die ihre eigene Insights und Erfolgsgeschichten selbst teilen.